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icon.crdate02.03.2009
Im Rahmen der Reihe zum Baden-Württembergischen Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in den Kindergärten wird der Elternarbeit viel Bedeutung beigemessen. Ein bedeutsamer Abschnitt ist hier die Eingewöhnungszeit, der im Kindergarten Sonnenblume in Oberharmersbach ein Eingewöhnungskonzept zugrunde liegt. Dieses basiert auf Erkenntnissen der Säuglingsforschung und der Bindungstheorie und hat zum Ziel, Kindern und Eltern einen reibungslosen Schritt in die Einrichtung zu gewährleisten.
Die Erzieherinnen Helene Gerth, Marianne Baumann und Angelika Schwarz haben mit der Fachberatung Sonja Lutz gemeinsam diese Aufgabenstellung und deren Umsetzung schriftlich fixiert.
„Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen“, sagt Aurelius Augustinus, der von 354 bis 430 als Bischof, Philosoph und Kirchenvater lebte. Damit wird klar, wie bedeutsam die Prägung im Elternhaus für die spätere Entwicklung der Kinder ist. Neben diesem Zitat findet sich im Orientierungsplan für Erziehung und Bildung in den Baden-Württembergischen Kindergärten der Satz: „Eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung aller Beteiligten zum Wohle der Kinder ist Voraussetzung und Aufgabe zugleich.“
Die konkrete Umsetzung vor Ort bedeutet zunächst ein ausführliches Gespräch mit den Eltern, bei der u. a. die Bedeutung der Eingewöhnungsphase erläutert wird. Der erste Besuch im Kindergarten erfolgt in Anwesenheit der Mutter oder einer anderen Vertrauensperson. Diese Anwesenheit bedeutet für das Kind Sicherheit und die Chance sich neugierig interessanten Dingen zuzuwenden. Wir, die Erziehrinnen des Kindergartens Sonnenblume in Oberharmersbach legen Wert darauf, dass diese Vertrauensperson mindestens zwei Tage in der Einrichtung anwesend ist, wobei dies individuell unterschiedlich sein kann.
Bei Kinder unter 3 Jahren wird die Eingewöhnung beim ersten Besuch in der Regel auf eine Stunde festgelegt. Am zweiten Tag wird der Zeitraum verlängert und wenn es das Kind schafft, geht die Bezugsperson am dritten Tag erstmals für eine kurze Zeitspanne weg. Die Zeiträume sind individuell unterschiedlich, die Bindungsperson nach Hause gehen zu lassen. Bei Schwierigkeiten, egal aus welchen Gründen, wird in jedem Fall empfohlen, so lange für das Kind da zu sein, bis es genügend Vertrauen zur Erzieherin aufgebaut hat, dass es den Abschied von Mutter oder Vater verkraften kann.
Die Begleitung dieses Abnabelungsprozesses übernimmt eine Erzieherin, die während dieser Phase kontinuierlich zur Verfügung steht und sowohl das Kind, als auch die Eltern sorgsam begleitet.
Besondere Aufmerksamkeit wird hierbei den Kindern unter drei Jahren gewidmet. Die dafür zuständigen Erzieherinnen im Kindergarten Sonnenblume sind Marlene Dobbratz und Eugenia Isenmann. Die beiden Erzieherinnen begegnen den Kindern mit erhöhter Aufmerksamkeit und sind kontinuierlich präsent. Ein speziell auf diese Altersgruppe abgestimmtes Raum- und Materialprogramm (Starterzimmer) steht hier zur Verfügung, ein Bällepool, eigens für die Kleinen vorbereitete und reservierte Plätze im Bistro und Arbeitsmaterial, was den Kleinen und deren Entwicklungsaufgaben entspricht. Momentan ist das Team dabei, zu erarbeiten, wie in den Fachbereichen die Jüngsten ihre Neugier weiter entwickeln können.
Im Einrichtungsalltag gibt es zahlreiche Rituale, die dem Sicherheitsbedürfnis der Kinder Rechnung tragen und mithelfen, dass sich die Kinder sicher und geborgen fühlen. Hierbei werden auch die Kinder berücksichtigt, die mit 3 Jahren oder später in den Kindergarten Sonnenblume kommen. Mit erhöhter Aufmerksamkeit wird jedes Kind in der Eingewöhnungsphase beobachtet und begleitet, damit sie sich eine sichere Basis erarbeiten können, auf der sie ihre Lernfreude, Leistungsbereitschaft und ihr Selbstwertgefühl entwickeln und sichern können. Ergebnisse aus der Bindungsforschung untermauern die Wichtigkeit dieser Bemühungen, da eine sichere Bindung, basierend auf der Erfüllung der Grundbedürfnisse unabdingbar ist für eine Basis von Lernfähigkeit.
Haben Kinder keine Bindung, die Sicherheit, Geborgenheit und Präsenz für ihre Anliegen sichert, sind sie überwiegend mit der Bearbeitung von ihren Unsicherheiten und Ängsten beschäftigt, dass sie sich nur unter äußerst erschwerten Bedingungen Lerninhalten und Herausforderungen widmen können.
Dabei wird auch einmal mehr die Forderung an die Elternhäuser klar, den Kindern eine konstante, warmherzige und liebevolle häusliche Umgebung zu gestalten, damit sie sich das Grundpotential für Lernerfolg von Geburt an sichern können. Dabei ist es wichtig, den Kindern Zeit, Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken.
Der Hirnforscher Gerald Hüther beschreibt die Bedürfnisse der Kinder mit dem Zitat: „Eigentlich braucht jedes Kind drei Dinge: Es braucht Aufgaben, an denen es wachsen kann, es braucht Vorbilder, an denen es sich orientieren kann und es braucht Gemeinschaften, in denen es sich aufgehoben fühlt.“ Diese drei wesentlichen Grundlagen sind handlungsleitend für das pädagogische Konzept im Kindergarten Sonnenblume und für die Gestaltung der Erziehungspartnerschaft mit Eltern.
Diese und die damit verbundenen Entwicklungsaufgaben im neuen Orientierungsplan werden wir im Rahmen einer weiteren Veröffentlichung ausführlich darstellen.